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21.03.2015
Achillessehnenruptur - konservative vs. operative TherapieDr. med. Wolfgang Urban | 10. Geraer Symposium Ambulante Chirurgie | 21.03.2015 | Kommunikationszentrum der Sparkasse Gera-GreizDie Achillessehne trägt bis zum 10fachen des Körpergewichtes. Bei jedem Schritt beträgt die Belastung das 4fachen des Körpergewichtes. Die Inzidenz der Achillessehnenruptur liegt bei ca. 20/100000 EW/Jahr bei einem Durchschnittsalter 35-40 Jahren. Sport ist bei 75 % der auslösende Faktor. Läufer und Fußballer sind am häufigsten betroffen. Sprinter haben ein 15fach höheres Risiko. AR treten auch beim Wiedereinsteigersport gehäuft auf. Bis 1960 wurden AR eher seltener beschrieben. Fast 60% der Beinschmerzen von Läufern konzentrieren sich auf die AS. Die AS ist durchschnittlich 10-12 cm, der rein sehnige Anteil ca. 6 cm lang. Der Querschnitt beträgt 0,6-2 cm. Sie besitzt keine Sehnenscheide, sondern ist von paratendinösen lockeren Bindegewebe umgeben. Symptome der AR sind stechender Sofortschmerz, peitschenschlagartiger Knall, Schnappen im Wadenbereich, Unfähigkeit zur Plantarflexion, fehlender Vorfußstand und Schwellung. Die AR manifestieren sich bei 72 % Bereich der freie Sehne („mid-portion“), bei 14 % am muskulotendinösen Übergang und bei 14 % Ansatzbereich (einschließlich knöcherner Ausriss). Die Diagnostik erfolgt klinisch durch palpatorische Prüfung der Sehnenintegrität. Eine tastbare Lücke ist pathognomonisch. Bei Weichteilschwellung schließt eine nicht tastbare Lücke eine AR nicht aus. Obligatorisch im Rahmen klinischer Untersuchung ist der Thompson-Test (Wadenkneiftest, Calf Squeeze Test). Dazu kommt die dynamische Sonographie zur Beurteilung der Rupturstelle unter Bewegung und der Stumpfadaptation. Eine MRT ist bei verbleibender Unklarheit durch Klinik und Sonographie indiziert, ansonsten nur bei chronischen Veränderungen. Die Soforttherapie erfolgt am Ort nach Schema PECH (wie bei jeder Sportverletzung Pause, Eis, Compression, Hochlagern). Die Entscheidung operativ oder konservativ fällt eigentlich nur über die Kriterien Rupturstelle (Stumpfadaptation möglich?), Zustand des Patienten (AZ/Compliance/Internet) und statistische Behandlungsergebnisse. Bei ca. 18000 AR pro Jahr in Deutschland ist sie auch medizinisch-organisatorisches und sozioökonomisches Problem. Etwa 88 % aller befragten Kliniken bieten nur die operative Therapie als an. Die konservative Therapie ist möglich bei guter Stumpfadaptation wenige Tage im Spaltgips in 20 ° Plantarflexion, danach weiter im Spezialschuh/Walker dauerhaft mit 3 cm Absatzerhöhung mindestens 4 Wochen und schmerzadaptierter Belastung, in der 5.- 6. Woche 2 cm Absatzerhöhung mit Anstreben der vollen Belastung, in der 7.- 8. Woche mit 1 cm Absatzerhöhung und Leg-Press-Training und Übungen ohne Schuh mit Plantarflexion gegen dosierten Widerstand und Entfernen des Schuhs schmerzadaptiert bis zur Vollbelastung. Ab der 13. Woche Propriozeptions- und Lauftraining auch im unebenen Gelände. Bis zum 6. Monat ist noch 1 cm Absatzerhöhung erforderlich. Eine regelmäßige sonografische Kontrolle, insbesondere in den ersten 3-4 Wochen ist notwendig. Eine operative Versorgung durch offene oder perkutane minimalinvasive Technik ist zu empfehlen bei einer fehlenden Stumpfadaptation bei 20° Plantarflexion, einer älteren Ruptur (schon nach 4 Tagen, da das Reparaturhämatom häufig ein Repositionshindernis darstellt), Zweifel an Compliance des Patienten, ausdrücklicher Patientenwunsch zur OP. Für Hochrisikosportler ist die Operation möglicherweise die Therapie der Wahl (minimal-invasive Technik). Immer sollte frühfunktionelle Nachbehandlung das Ziel sein mit möglichst früher Belastung im Spezialschuh (Achillessehnenwalker). Eine unkontrollierte Dehnung innerhalb der ersten drei Wochen ist nicht kompensierbar, eine verlängerte Sehne bedeutet Kraftverlust. Obsolet sind heute unabhängig von der Therapieart eine Gipsruhigstellung über Wochen und Monate und eine langdauernde Entlastung (Gehstützen). Das führt zu einer 18%igen Rerupturrate. Die Entscheidung bleibt individuell, wenn die Voraussetzungen für konservative Therapie gegeben sind und fällt letztlich durch den Patienten nach Aufklärung.
Dr. med. Matthias Hager, Chirurgische Gemeinschaftspraxis Gera
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