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29.11.2013
Infektionen an der Hand aus der Sicht einer chirurgischen PraxisDr. med. Matthias Hager | Verletzungen und Erkrankungen an der Hand - X. Unfallchirurgische-orthopädische Fortbildung | Kath. Krankenhaus "St. Johann Nepomuk" Erfurt | 29.11.2013Infektionen an der Hand sind ein Problem für den Betroffenen, den Arzt und für Ergo-und Physiotherapeuten. Sie können sich rasant ausbreiten und werden regelmäßig unterschätzt Nichtsdestotrotz gehören sie zum chirurgischen Alltag. Infektionen an der Hand können zu schweren gesundheitlichen und sozioökonomischen Folgen führen. Sie entstehen auch nach minimalen Verletzungen und sind auch für erfahrene Chirurgen oft eine Herausforderung. Ihrem hohen medizinischen und sozialen Stellenwert entsprechend sind sie in der Fort- und Weiterbildung nicht adäquat abgebildet. Zur chirurgischen Behandlung gehören tiefe anatomische Kenntnisse. Die Sehnenscheiden sind „Autobahnen“ für Keime. Zur Diagnostik gehören Anamnese, klinische Untersuchung, Fetstellung der Schmerzsymptomatik, Röntgen, primär selten Laboruntersuchungen. Das Therapieprinzip „Ubi pus, ibi evacua“ von Hippokrates von Kos gilt heute unverändert. Ursachen sind oft Bagatellverletzungen, Schnitt-, Stich-, Biss-, Quetschverletzung, Verletzungen bei Nagelpflege, Onychophagie, Dornenstiche etc. Die OP-Indikation bei einer eitrigen Infektion am Finger steht sofort, spätestens nach einer schlaflosen Nacht. Kardinalzeichen der Beugesehnenscheideninfektion nach Kanavel (Kanavel's sign) sind Spannung und Druckschmerz über dem gesamten Verlauf der Beugesehnenscheide, generalisierte Schwellung des gesamten Fingers, Schmerzen bei der versuchten Streckung des Fingers und gebeugte Stellung des Fingers. Nadel- bzw. Kanülenstichverletzungen führen oft nicht zu lokalen Infektionen, bedürfen der langfristigen Kontrolle bezüglich von Hepatitis B- und C-, sowie HIV-Infektionen. Etwa die Hälfte der Bissverletzungen betrifft die Hand. Den Hauptanteil wird von Hund und Katze verursacht, wobei es sich etwa um doppelt so viele Hundebisse handelt. Dabei entwickeln sich bei ca. 50% der Katzenbisse eine Phlegmone und „nur“ bei 12% der Hundebisse. Die Ursache liegt in den anatomischen Besonderheiten des Katzengebisses. Spitze kleine Zähne verursachen tiefen Wunden ähnlich Stichverletzungen, die äußerlich harmlos aussehen. Das führt oft zur Unterschätzung und inadäquate Erstversorgung.
Fazit - Anamnese und Untersuchung sind unabdingbare Voraussetzungen für die Therapieentscheidung - Laboruntersuchungen für OP- Indikation unbedeutend - Röntgenaufnahme zum Ausschluss oder Nachweis von Fremdkörpern sind erforderlich - pochende Schmerzen, gestörte Nachtruhe, fortgeleiteter Schmerz sind zwingende OP-Indikationen - klinischen Entzündungszeichen korrelieren oft nicht mit den schweren intraoperativen Befunden - Arzt als auch Patient neigen zum Bagatellisieren. - farbloses Desinfektionsmittel, Blutsperre (keine Blutleere!), Lupenbrille. - entzündetes Gewebe exzidieren, kompromissloses Debridement - Gewebeproben zur Bakteriologie sind zuverlässiger als Abstrich - Antibiose initial mit Breitbandantibiotikum, später nach mikrobiologischem Befund - bei Kapselspannung ist die Gelenkrevison erforderlich - die mechanische Keimausschwemmung ist effektiver als Antibiotikum - primär allenfalls einzelne adaptierende Hautnähte zum Austrocknungsschutz - Verwendung großlumige Drainagen, Saug-Spül-Drains bei Sehnenscheideninfekten - stützende, saugende Verbände, ggf. nur kurze Ruhigstellung - Frühmobilisierung
Dr. med. Matthias Hager, Chirurgische Gemeinschaftspraxis Gera zurück zurück |
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