Verein zur Förderung der Ambulanten Chirurgie

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21.03.2015

Konservative vs. operative Therapie in der Unfallchirurgie - Materialentfernung

Dr. med. Matthias Hager | 10. Geraer Symposium Ambulante Chirurgie | 21.03.2015 | Kommunikationszentrum der Sparkasse Gera-Greiz

Die Indikationsstellung für eine ME in der Unfallchirurgie wird derzeit intensiv diskutiert. Mit Einführung neuer Osteosynthesematerialien in der Unfallchirurgie, insbesondere durch die Etablierung von winkelstabilen Titanplatten, kam es zu einer Erweiterung der Indikationsstellung für primäre Osteosynthesen, beispielsweise bei distalen Radiusfrakturen, und somit konsekutiv auch zu einem Anstieg der Zahl von ME (Unfallchirurg 2014 · 117:658–661  F. Liska 1, 2  · J. Neu 3, München, Hannover).

Bereits 1997 waren ME nach der initialen Frakturversorgung mit 15% der zweithäufigste Eingriff und stellten 30% der elektiven Eingriffe dar. Leider finden sich in der Unfallchirurgie auf Grund des raschen medizinischen Fortschritts nur relativ wenige evidenzbasierte Aussagen, weil dies zahlreiche aufwändige und teure Forschungsarbeiten über einen oft 10-jährigen oder noch längeren Zeitraum voraussetzt. Bei fraglichen Behandlungsfehlern ist es Aufgabe des Gerichtsgutachters, den zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Medizinischen Standard zu beschreiben und dem Gericht mitzuteilen. Die Funktion des fachspezifischen und erfahrenen Gutachters kann nicht durch Leitlinien ersetzt werden. (Stürmer, 2014).

Materialentfernungen haben Problempotential – Respekt und eine korrekte Indikationsstellung sind erforderlich. Bei der Entscheidungsfindung sind Zweck des implantierten Materials (temporär oder permanent), Art (Drähte, Platten, Schrauben, Nägel etc.), Ort (Röhrenknochen, Gelenke, Rumpf, oberflächlich, verborgen), Zustand des Patienten (alt/jung, gesund/krank, dick/dünn, Psyche/Fremdkörpergefühl, Wunsch), Materialprobleme (Lockerung, Bruch, Beschwerden durch auftragendes Material) und ein pathologischer Heilungsverlauf („Allergie“, Infektion, Pseudarthrose) zu berücksichtigen.

Indikationen sind niedriges Lebensalter, Implantate am wachsenden Skelett, Bohrdrähte, isolierte Cerclagen am Tibiaschaft, direkt oder indirekt/funktionell störende Implantate, temporär gelenkblockierende Implantate, segmentüberbrückende Implantate (Fix. int.) an BWS und LWS ohne segmentale Fusion, Verfahrenswechsel bei verzögerter Frakturheilung oder Pseudarthrose, Implantate, bei denen mit einem unphysiologischen Knochenabbau zu rechnen ist, Vorbereitung weiterer Maßnahmen im Gelenkbereich (Implantation TEP), infizierte Osteosynthesen und Wunsch des Patienten.

Kontraindikationen sind allgemeine oder lokale Kontraindikationen gegen eine Operation, fortgeschrittenes Lebensalter, gefährdete Weichteildeckung, Osteosyntheseplatten am Humerus und proximalen Radius (N. radialis), einzelne, nicht störende Schrauben, versenkte Gelenkimplantate, nicht störende Cerclagen als Zusatzimplantate, Implantate aus Reintitan mit Ausnahme von langen Platten an den unteren Extremitäten, abgebrochene Metallteile oder verbliebene Unterlegscheiben nach vorausgegangener ME, aufwändige Freilegung und zugangsbedingte Risiken (Beckenskelett), voluminöse Hüftschraubensysteme mit Marknägeln und Platten beim älteren Patienten, ungewöhnlich lange Liegezeit der Implantate (© Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie autorisiert für elektronische Publikation: AWMF online).

Die Frage der Materialentfernung gehört zur Aufklärung des Primäreingriffes!

Dr. med. Matthias Hager, Chirurgische Gemeinschaftspraxis Gera
Schmelzhüttenstraße 4, 07545 Gera  

 




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